Kernkraftreaktoren1 werden mit Uran betrieben, das geringfügig mit dem Isotop Uran-235 angereichert ist.2 Dieses Isotop ist in der Lage, eine kontrollierte nukleare Kettenreaktion in Gang zu setzen, die für die Erzeugung von elektrischer Energie erforderlich ist. Die Kettenreaktion führt zur Erzeugung von Neutronen, die Radioaktivität im Brennstoff, im Kühlwasser und in den Bauteilen des Reaktors erzeugen.

Die Radioaktivität wird hauptsächlich durch Prozesse erzeugt, bei denen Uranatome im Brennstoff Neutronen einfangen. Die Spaltung tritt auf, wenn der Kern eines Uran-235-Atoms (und seltener eines Uran-238-Atoms) ein Neutron einfängt, instabil wird und sich in zwei und (seltener) drei3 leichte Kerne aufspaltet; diese Kerne werden als Spaltprodukte bezeichnet.Die Uranspaltung erzeugt eine bimodale Massenverteilung der Spaltprodukte, die in Abbildung D.1 dargestellt ist. Die häufigsten Spaltprodukte haben Massenzahlen um 90 und 137 (z.B. Strontium-90 und Cäsium-137).

Die in einem Kernkraftreaktor erzeugten Spaltprodukte umfassen den gesamten Zeitraum. Sie umfassen:

  • Edelgase, zum Beispiel Krypton-85 und Xenon-133.
  • Halogene, zum Beispiel Jodid-131.
Abbildung D.1. Massenverteilungen infolge der Spaltung von Uran-235 durch thermische Neutronen.

ABBILDUNG D.1Massenverteilungen infolge der Spaltung von Uran-235 durch thermische Neutronen.

QUELLE: Daten aus Joint Evaluated Fission and Fusion File, Incident-Neutron-Daten, http://www-nds.iaea.org/exfor/endf00.htm, 2. Oktober 2006; siehe http://www-nds.iaea.org/sgnucdat/c1.htm.

  • Alkalimetalle, zum Beispiel Cäsium-137.
  • Alkalimetalle, zum Beispiel Strontium-90.
  • Seltener ist Wasserstoff-3, besser bekannt als Astritium (T), aus der ternären Spaltung von Uranatomen.

Neutroneneinfang kann auch Radioaktivität durch die Transmutation eines chemischen Elements in ein anderes hervorrufen. Der Transmutationsprozess führt zur Emission von Kernteilchen (z. B. Protonen) und Strahlung aus dem Kern. Einige Transmutationsreaktionen und -produkte, die in Leistungsreaktoren von Bedeutung sind, sind die folgenden:

  • Erzeugung von Stickstoff-16 durch den Einfang eines Neutrons durch den Kern eines Sauerstoffatoms: Sauerstoff-16 + Neutron-> Stickstoff-16 + Proton (abgekürzt als16O(n, p)16N). Stickstoff-16 hat eine kurze (7 Sekunden) Halbwertszeit und stellt in erster Linie eine Gefahr für Arbeiter in Kernkraftwerken dar.
  • Erzeugung von Kohlenstoff-14 durch den Einfang von Neutronen durch den Kern von Stickstoff-, Sauerstoff- oder Kohlenstoffatomen: 14N(n,p)14C; 13C(n,y)14C;17O(n,a)14C.
  • Erzeugung von Tritium (T) durch den Einfang eines Neutrons durch den Nukleus eines Boratoms: 10B(n,2a)T. Dies ist eine wichtige Reaktion in Druckwasserreaktoren, die Bor im Kühlwasser verwenden, um die Reaktivität zu kontrollieren.
  • Erzeugung von Tritium durch Einfang eines Neutrons durch ein Deuteriumatom, das natürlicherweise im Kühlwasser eines Reaktors vorhanden ist.

Neutroneneinfang kann auch Radioaktivität durch Aktivierung hervorrufen. Durch den Einfang eines Neutrons wird der Kern angeregt, der durch die Emission von Strahlung schnell in einen weniger energiereichen Zustand zerfällt. Zu den Aktivierungsreaktionen und -produkten, die in Leistungsreaktoren von Bedeutung sind, gehören die folgenden:

  • Bildung von Kobalt-60 aus Kobalt-59 durch die Reaktion59Co(n, y)60Co.
  • Bildung von Eisen-55 aus Eisen-54 durch die Reaktion54Fe(n, y)55Fe.

Kobalt-60 und Eisen-55 sind häufige Aktivierungsprodukte in den Strukturkomponenten von Reaktoren.

Die durch diese Neutroneneinfangprozesse erzeugten Isotope sind fast immer radioaktiv. Ihr Zerfall beinhaltet die Emission von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung, wobei sowohl radioaktive als auch nichtradioaktive Zerfallsprodukte entstehen. Eine Zerfallsreaktion, die in Kernkraftwerken von besonderer Bedeutung ist, ist die folgende:

Bild p361

Diese Reaktion erzeugt Plutonium-239 durch Uran-238-Neutroneneinfang, gefolgt von zwei Betazerfällen.

Die Teilchen und andere Strahlung, die während des Neutroneneinfangs emittiert werden, können mit Atomen im Brennstoff, im Kühlmittel und in den Reaktorstrukturen wechselwirken und zusätzliche Radioaktivität erzeugen. Beispielsweise führt die Wechselwirkung von energetischen Elektronen mit Materialien im Reaktor zur Emission von Photonen, die als Bremsstrahlung bezeichnet werden. Diese Strahlung erscheint als schwaches blaues Leuchten, wenn die Elektronen mit dem Kühlwasser im Reaktor und den Becken für abgebrannte Brennelemente interagieren.

Fußnoten

1

Die Begriffe Kernkraftreaktoren und Kernkraftwerke beziehen sich auf Reaktoren, die auf kommerzieller Basis zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Solche Reaktoren erzeugen in der Regel etwa 1000 Megawatt elektrische Leistung und 3000 Megawatt thermische Leistung.

2

Natürliches Uran enthält etwa 99,3 Prozent Uran-238 und 0,7 Prozent Uran-235. Der in Leistungsreaktoren verwendete Brennstoff ist in der Regel mit 3-5 Prozent Uran-235 angereichert.

3

Bezeichnet als ternäre Spaltung.

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