Die Fascioliasis, die durch Leberegelarten der Gattung Fasciola verursacht wird, ist wegen ihrer großen veterinärmedizinischen Bedeutung seit jeher gut bekannt, gehörte jedoch jahrzehntelang zu den am meisten vernachlässigten Krankheiten im Hinblick auf die Infektion des Menschen. Die weltweit zunehmende Bedeutung der Fascioliasis beim Menschen hat jedoch das Interesse an der Fascioliasis neu geweckt. Seit den 1990er Jahren wurden viele neue Konzepte für die menschliche Fascioliose entwickelt, die eine neue Grundlage für die menschliche Krankheit geschaffen haben, die sich von einer einfachen Extrapolation der Fascioliose bei Nutztieren stark unterscheidet. Studien haben gezeigt, dass die Fascioliose beim Menschen sehr heterogen ist und in verschiedenen endemischen Gebieten unterschiedliche epidemiologische Situationen und Übertragungsmuster aufweist. Diese Heterogenität und das derzeitige Auftreten bzw. Wiederauftreten der Krankheit sowohl bei Menschen als auch bei Tieren in vielen Regionen bestätigen ein beunruhigendes globales Szenario. Die enormen negativen Auswirkungen der Fascioliasis auf menschliche Gemeinschaften erfordern rasches Handeln. Bei der Analyse der Frage, wie Kontrollmaßnahmen für endemische Gebiete mit derartigen Unterschieden besser definiert werden können, wäre es nützlich, über genetische Marker zu verfügen, die jede Art von Übertragungsmuster und epidemiologischer Situation unterscheiden können. In diesem Kapitel werden daher Aspekte der Ätiologie, der geografischen Verbreitung, der Epidemiologie, der Übertragung und der Bekämpfung behandelt, um eine solide Grundlage für die Interpretation künftiger Ergebnisse zu schaffen. Die Ursprünge und die geografische Verbreitung von F. hepatica und F. gigantica in der Zeit vor der Domestizierung der Wiederkäuer und in der Zeit nach der Domestizierung der Nutztiere werden analysiert. Paläontologische, archäologische und historische Aufzeichnungen sowie genetische Daten über die jüngste Ausbreitung von Nutztierarten werden berücksichtigt, um einen evolutionären Rahmen für die beiden Fascioliden auf allen Kontinenten zu schaffen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Überlappung der Verbreitungsgebiete beider Arten und der Rolle von Transport, Wandertierhaltung und Handel bei den verschiedenen Überlappungssituationen. Gebiete mit nur einer Fasciola spp. werden von lokalen und zonalen Überschneidungen in Gebieten unterschieden, in denen beide Fasciola-Arten koexistieren. Genetische Techniken, die in den letzten Jahren bei Leberegeln angewandt wurden und die zur Klärung der genetischen Merkmale der beiden Fasciola-Arten nützlich sind, werden besprochen. Die intra- und interspezifischen Variabilitäten von „reinem“ F. hepatica und „reinem“ F. gigantica wurden anhand der vollständigen Sequenzen der ribosomalen Desoxyribonukleinsäure (rDNA) Internal Transcribed Spacer (ITS)-2 und ITS-1 sowie der mitochondrialen Desoxyribonukleinsäure (mtDNA) cox1 und nad1 aus Gebieten mit nur einer Fasciolidenart ermittelt. Die in der Literatur verstreuten Fasciolidensequenzen der gleichen Marker werden überprüft. Die ermittelten endgültigen Haplotypen scheinen zu dem vorgeschlagenen globalen Evolutionsszenario zu passen. Probleme, die sich durch Faszioliden-Kreuzung, Introgression und Hybridisierung in Überlappungsgebieten ergeben, werden analysiert. Die nukleare rDNA scheint mit den Merkmalen erwachsener Egel und der Spezifität von Fascioliden/Lymnaeiden zu korrelieren, die mtDNA hingegen nicht. Allerdings erscheinen die Egel manchmal so intermediär, dass sie weder F. hepatica-ähnlichen noch F. gigantica-ähnlichen Formen zugeordnet werden können, und die Schneckenspezifität kann derjenigen, die sich aus dem Morphotyp der adulten Tiere ergibt, entgegengesetzt sein. Die phänotypischen Merkmale von adulten Tieren und Eiern von „reinen“ F. hepatica und F. gigantica sowie von Zwischenformen in Überlappungsgebieten werden verglichen, wobei der Einfluss des Endwirts auf die Eigröße beim Menschen im Vordergrund steht. Die Erkenntnisse reichen aus, um F. hepatica und F. gigantica als zwei gültige Arten zu betrachten, die sich in jüngster Zeit durch Anpassung an verschiedene Pecoran- und Lymnaeiden-Wirte in Gebieten mit unterschiedlichen Umwelteigenschaften auseinander entwickelt haben. Ihre phänotypischen Unterschiede und ihre alten, vor der Domestizierung liegenden Ursprünge umfassen ein weites geografisches Gebiet, das weit über die typischen, eher lokalen Szenarien hinausgeht, die für Unterarten bekannt sind. Phänomene wie abnormale Ploidie und aspermische Parthenogenese bei Hybriden deuten darauf hin, dass ihre getrennte Entwicklung in der Zeit vor der Domestizierung eine fast vollständige genetische Isolierung ermöglichte. Jüngste Sequenzierungsergebnisse deuten darauf hin, dass die bisherigen Annahmen über die Spezifität von Fascioliden und Lymnaeiden falsch sein könnten. Die entscheidende Rolle der Lymnaeiden bei der Übertragung, Epidemiologie und Bekämpfung der Fascioliasis war der Grund für die Einleitung einer weltweiten Initiative zur molekularen Charakterisierung von Lymnaeiden. Diese Initiative hat bereits auf mehreren Kontinenten nützliche Ergebnisse geliefert. Hier wird eine standardisierte Methodik für Fascioliden und Lymnaeiden vorgeschlagen, damit künftige Arbeiten auf einer vergleichbaren Grundlage durchgeführt werden können. Es wird erwartet, dass ein vollständiges Verständnis der molekularen Epidemiologie bei der Gestaltung globaler Maßnahmen und lokaler Interventionen zur Kontrolle der Fascioliasis sehr hilfreich sein wird.

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