Vom Ring des Feuers verbrannt
Kategorien: Japan | Ecuador | Induziertes Erdbeben | Ring of Fire | Vorsorge, Risiken und Gefahren
April 17, 2016
Der komplexe Ring of Fire um den Pazifik. Die beiden roten Sterne markieren die Orte der jüngsten Erdbeben in Japan und Ecuador.
In seinem 1963er Hit „The Ring of Fire“ sang Johnny Cash prosaisch über die Liebe und wie sie „brennt, brennt, brennt“, wenn man „hinunter, hinunter, hinunter fällt und die Flammen höher schlagen.“ Die verstorbene Ikone der Country-Musik konnte nicht ahnen, dass mehr als ein halbes Jahrhundert später der Begriff „Ring of Fire“ zu einem der am meisten missbrauchten und missverstandenen Ausdrücke werden würde, wenn Laien über die Erde und ihr Inneres sprechen. Dieses Wochenende ist ein typisches Beispiel dafür. Als Journalisten aus aller Welt Seismologen befragten, kam immer wieder eine Frage auf: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Erdbebenserie auf der japanischen Insel Kyushu und dem Beben der Stärke 7,8, das sich am Samstagabend (Ortszeit) an der Küste Ecuadors ereignete? Sogar die ehrwürdige BBC tappte in die Falle, indem sie in einer ihrer Nachrichtensendungen feststellte, dass schließlich „beide Regionen auf der gleichen Verwerfungslinie, dem Pazifischen Feuerring, liegen.“
Lassen Sie uns zwei Punkte von Anfang an klarstellen:
1. Es gibt keine physikalische Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen den jüngsten Beben in Japan und denen im nördlichen Südamerika, und
2. der Pazifische Feuerring ist keine Verwerfungslinie.
Warum, so muss man fragen, besteht dann eine solche Kluft zwischen der öffentlichen Wahrnehmung über weit entfernte Erdbeben und der geophysikalischen Realität? Lassen Sie uns zur Beantwortung dieser Frage zunächst einen Blick auf den Ring of Fire werfen.
Die roten Punkte auf dieser Karte zeigen die Orte des Erdbebens der Stärke 7,8 im Nordwesten Ecuadors und seiner Nachbeben. Die andersfarbigen Punkte markieren frühere, nicht damit zusammenhängende Beben. (Zum Vergrößern anklicken.)Quelle: Geophysikalisches Institut, Nationale Polytechnische Universität, Quito.
Es besteht kein Zweifel, dass der pazifische Raum eines der tektonisch aktivsten Gebiete der Welt ist. Fast alle großen Erdbeben ereignen sich entlang dieses zirkumpazifischen Gürtels, der auch mit Hunderten von aktiven Vulkanen übersät ist. Leider bleiben die meisten Menschen dort stehen. Sie sehen diesen beeindruckenden Bogen auf der Landkarte und stellen grobe Zusammenhänge her. Betrachtet man jedoch den Pazifischen Rand aus geotektonischer Sicht genauer, wird man schnell feststellen, wie vielseitig er ist. Es handelt sich nicht um eine einheitliche Verwerfungslinie wie die Hayward-Verwerfung im Hinterhof des Bloggers, sondern um ein äußerst komplexes Puzzle aus vielen tektonischen Platten und deren Wechselwirkungen.
Nehmen wir zum Beispiel den Abschnitt entlang der Westküste Nordamerikas. Beginnend an der Küste des nördlichen British Columbia in Kanada und endend am Cape Mendocino in Kalifornien haben wir eine Subduktionszone. Dort taucht nicht die Pazifische Platte unter die Amerikanische Platte, sondern die kleine Juan-de-Fuca-Platte. Diese Zone erzeugt sehr starke Beben und ist mit den Vulkanen der Cascade Mountains übersät. Zwischen Cape Mendocino und der Salton Sea in Südkalifornien befindet sich die San-Andreas-Verwerfung, die den Ring of Fire bildet. Diese Verwerfung ruft ganz andere Erdbeben hervor als die Subduktionszone weiter nördlich und hat keine Vulkane zu bieten. Südlich der US-mexikanischen Grenze wird der Feuerring von einer Spreizungszone im Golf von Kalifornien dominiert. Dort wird die Plattengrenze divergent: Die Halbinsel Baja California wird langsam vom mexikanischen Festland losgerissen. Es gibt keine physische oder tektonische Verbindung zwischen diesen drei unterschiedlichen Interaktionen der tektonischen Platten, außer in den kleinen Bereichen, in denen sie ineinander übergehen. Eine ähnliche Vielseitigkeit findet sich entlang der gesamten Pazifikküste.
Und was ist mit der anderen Frage: Könnte die laufende Erdbebenserie in Südjapan das viel stärkere Beben an der Küste Ecuadors ausgelöst haben? Zunächst einmal hat keines dieser Beben auf der Pazifischen Platte stattgefunden. Wie im gestrigen Blog erläutert, ereignete sich die Bebenserie in Kyushu entlang der Grenze zwischen der philippinischen und der eurasischen Platte. Das Beben in Ecuador wurde in einer Subduktionszone ausgelöst, wo die Nazca-Platte unter den südamerikanischen Kontinent eintaucht.
Außerdem sind diese Beben fast so weit voneinander entfernt, wie man auf dem Globus nur sein kann. Ihre jeweiligen Epizentren liegen fast 10.000 Meilen voneinander entfernt. Trotz der Entfernung registrierten die empfindlichen Seismometer des Geophysikalischen Instituts der Nationalen Polytechnischen Universität in Ecuadors Hauptstadt Quito das stärkste der Kyushu-Beben mit einer Magnitude von 7. Und empfindlich mussten sie tatsächlich sein: Die maximale Amplitude der durch das Japan-Beben verursachten Bodenbewegung in Ecuador betrug fast 50 Mikrometer pro Sekunde, was etwa der Hälfte des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht. Die mechanische Spannung, die durch eine solch winzige Bodenbewegung in der Erde ausgelöst wird, ist viel zu gering, um ein großes Erdbeben auszulösen.
Das Beben vom Samstag in Ecuador mit einer Stärke von 7,8 hat den Boden in Berkeley immerhin um etwa 240 Mikrometer pro Sekunde bewegt. Obwohl dies fünfmal so stark ist, ist die Hayward-Verwerfung, die durch Berkeley verläuft und derzeit unter starker tektonischer Belastung steht, nicht ausgebrochen. (hra119)