Die Labormedizin hat in den letzten zwei Jahrzehnten bedeutende Fortschritte gemacht. Die Viruslasttests haben sich von Nested-PCR-Tests über transkriptionsvermittelte Amplifikation bis hin zur Echtzeit-PCR entwickelt und werden mit Methoden wie der digitalen PCR weiter ausgebaut. Diese Fortschritte haben zu empfindlicheren Viruslasttests mit einem breiteren dynamischen Bereich geführt, was den Ärzten ein besseres Verständnis des Ansprechens eines Patienten auf die Therapie und des Krankheitsverlaufs ermöglicht.

Ein Beispiel für ein verbessertes Patientenmanagement dank der Fortschritte in der Molekulardiagnostik ist die Behandlung von HIV-1-Patienten. Nach den aktuellen Behandlungsrichtlinien ist ein Behandlungserfolg definiert als eine HIV-1-RNA-Konzentration von weniger als 75 Kopien/ml.1 Die Definition eines Behandlungsversagens variiert je nach globalen, nationalen und länderspezifischen Richtlinien, wird aber in der Regel als HIV-1-RNA-Konzentration zwischen 50-1000 Kopien/ml definiert.1-3

Diese Behandlungsgrenzwerte liegen am unteren Ende des dynamischen Bereichs der Echtzeit-PCR-Tests, wo Präzision und Reproduzierbarkeit in Frage gestellt sein können. Zu den Faktoren, die die Leistung des Viruslasttests beeinflussen können, gehören die automatisierte Plattform, die Nukleinsäureextraktionschemie, die Auswahl und das Design der PCR-Primer/Sonden, die PCR-Amplifikationsbedingungen und die Testkalibrierungsstrategie. Im Folgenden werden verschiedene Designansätze und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Assay-Leistung und das klinische Ergebnis untersucht. (Abbildung 1)

Extraktionsverfahren

Bei der Auswahl der Extraktionschemie sollten Probenart und Analyt sorgfältig berücksichtigt werden. Bei HIV-1 rät das Department of Health and Human Services (DHHS) beispielsweise, HIV-1-RNA als Marker für HIV-1-Virämie zu verwenden.1

Die Unterscheidung zwischen HIV-1-RNA und proviraler DNA ist wichtig, da letztere kein Marker für die aktive virale Replikation ist, sondern für die Freisetzung eines latenten Reservoirs aus dem Virus, das bereits in die Zellen integriert wurde. Eine Extraktionschemie, die sowohl HIV-1-RNA als auch provirale DNA reinigt, würde dem Arzt keine genaue Darstellung der tatsächlichen viralen Replikation liefern; daher sollte im Falle dieses Virus nur die Extraktionschemie verwendet werden, die spezifisch HIV-1-RNA reinigt, um provirale DNA von der nachgeschalteten Quantifizierung auszuschließen.

Alternativ könnte die Verwendung von Gesamtnukleinsäure (TNA)-Extraktionschemie zur Quantifizierung von HIV-1 zu falsch-positiven Ergebnissen oder ungenauer Quantifizierung führen, was sich nachteilig auf die Behandlung des Patienten auswirken würde. Die TNA-Extraktionschemie kann für schwierigere Probentypen wie Urin oder Stuhl oder für Tests verwendet werden, bei denen sowohl RNA- als auch DNA-Ziele nachgewiesen werden müssen.

Zielselektion

Die extreme virale Vielfalt unter den HIV-, HBV- und HCV-Stämmen ist von größter Bedeutung, um sicherzustellen, dass molekulardiagnostische (MDx) Tests unabhängig von den in einer Probe vorhandenen Stämmen das richtige Ergebnis liefern.

Um diesem Problem zu begegnen, sollte das optimale Testdesign mit der Auswahl eines Primers/Sonden-Targets in einer genetisch konservativen Region beginnen, in der die virale Vielfalt die geringsten potenziellen Auswirkungen hat. Die genetisch konservativen Regionen können nur durch den Vergleich von Sequenzen aus verschiedenen Virusstämmen bestimmt werden.

Um diesem Bedarf gerecht zu werden, ist ein globales Überwachungsprogramm von entscheidender Bedeutung, um die bestehende virale Vielfalt im Umlauf für HIV-, HBV- und HCV-Stämme umfassend zu bewerten.4 In einem Überwachungsprogramm werden Sequenzen von Stämmen, die in geografisch unterschiedlichen Regionen gesammelt wurden, verwendet, um zu bestimmen, welche Regionen eines viralen Genoms am besten konserviert sind und sich für den Nachweis durch einen molekulardiagnostischen Test eignen. Durch die Verwendung zirkulierender viraler Sequenzen für die Testentwicklung wird das Risiko, dass Stämme von einem Test übersehen werden, erheblich reduziert.

Sondendesign und PCR-Zyklusbedingungen

Neben der Auswahl der Zielregion sind auch das Sondendesign und die PCR-Zyklusbedingungen von entscheidender Bedeutung, wenn wir eine genaue Quantifizierung der Viruslast gewährleisten wollen. Das Sondendesign muss tolerant gegenüber natürlich vorkommenden Polymorphismen und damit potenziellen Fehlpaarungen sein, die innerhalb der jeweiligen Zielregion auftreten können. Im Laufe der Zeit hat sich die Sondentechnologie weiterentwickelt, ebenso wie die PCR-Methode. Das breitere Spektrum der auf der PCR-Technologie basierenden MDx-Anwendungen, das über die Virusquantifizierung hinausgeht, erfordert die Verwendung verschiedener Sondenkonzepte. Minor-Groove-Bindungssonden werden in der Regel für die Genotypisierung und den Nachweis von Einzelnukleotid-Polymorphismus verwendet.

TaqMan-Sonden werden häufig in Assays verwendet, bei denen die Zielregionen einen hohen Grad an Konservierung aufweisen. Teilweise doppelsträngige Sonden, die vor allem aufgrund der Sondenlänge und der Bindungsbedingungen ein hohes Maß an genetischer Heterogenität besser tolerieren, werden in Bereichen mit einem hohen Maß an Heterogenität eingesetzt.5

Neben dem Sondendesign sind die Zyklusbedingungen häufig Gegenstand der Designoptimierung, um die Leistungsanforderungen zu erfüllen (z. B. Toleranz gegenüber potenziellen Fehlpaarungen). Ein Ansatz ist das phasenangepasste Zyklieren, bei dem Zyklen bei niedrigeren Temperaturen zur Verringerung der anfänglichen Strenge durchgeführt werden, gefolgt von Zyklen bei hohen Temperaturen zur Erhaltung der Spezifität. Dieser Ansatz mildert die nachteiligen Auswirkungen potenzieller Primer-Fehlpaarungen auf die Probenquantifizierung. In Fällen, in denen es schwierig ist, die signifikanten Auswirkungen seltener Polymorphismen zu vermeiden, kann der Nachweis eines zweiten Ziels in das Testdesign aufgenommen werden. Wenn die Sequenzdiversität den Nachweis einer Region des viralen Genoms beeinträchtigt, gewährleistet der Nachweis einer zweiten Region, dass ein genaues Ergebnis erzielt wird. Angesichts der Komplexität molekularer Assays und der hohen viralen Diversität sollte bei der Entwicklung molekularer Assays ein umfassender Ansatz mit globaler Überwachung und zielspezifischem Sondendesign in Betracht gezogen werden. Die einfache Anpassung einer Strategie wie Dual-Target kann ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln.

Kalibrierungsstrategie

Die Kalibrierungsstrategie ist ein integraler Bestandteil der Entwicklung molekularer Assays und entscheidend für die Gewährleistung der Reproduzierbarkeit über einen breiten dynamischen Bereich. Die meisten quantitativen Methoden für das Therapiemanagement verwenden derzeit eine externe Kalibrierungskurve, um die Konzentration eines Analyten zu bestimmen.

Bei diesen Tests wird das Analytsignal in einer Patientenprobe mit einer Reihe von Proben mit einer bekannten Konzentration verglichen und eine einfache lineare Regression (y=mx+b) zur Berechnung der Viruslast verwendet. Bei diesem Ansatz werden in der Regel Kalibratoren verwendet, die als Patientenproben den gesamten Prozess durchlaufen, so dass sowohl Extraktions- als auch Amplifikationsreagenzien und -geräte kalibriert werden können.

Alternativ könnten auch Kalibratoren verwendet werden, die die Extraktion nicht durchlaufen, doch birgt dieser Ansatz das Risiko, dass Unterschiede bei der Wiederfindung oder eine Änderung der Reagenzzusammensetzung nicht berücksichtigt werden, was zu Unterschieden bei der Quantifizierung führen könnte.

Eine andere, weniger häufig verwendete Strategie ist ein interner quantitativer Standard. Bei dieser Anwendung wird eine polynomiale Regressionslinie dritter Ordnung (y = ax3 + bx2 + cx + d) über den linearen Bereich mit einer zulässigen maximalen Abweichung von der Linearität verwendet. Frühere Studien haben ergeben, dass die zulässige Abweichung von der Linearität bei einigen Assays ± 0,2 Log10 betrug.6 Diese zulässige Abweichung von der Linearität und der Kalibrierungsansatz erklären auch die häufig beobachtete Verzerrung zwischen den Methoden sowie die größere Ungenauigkeit am unteren Ende des dynamischen Bereichs, wo häufig klinische Entscheidungen getroffen werden.

Schlussfolgerung

Eine genaue und präzise molekulare Assay-Leistung ist entscheidend für ein angemessenes Therapiemanagement. Ungenaue Ergebnisse der Viruslast können zu einem unangemessenen Management führen, und der Patient kann auf einer unzureichenden Therapie sitzen bleiben. Diese Fehldiagnose hat viel weitreichendere Folgen als die Behandlung eines einzelnen Patienten, da sie auch zu einer verstärkten Übertragung des resistenten Virusstamms führen kann. Aus Sicht des Therapiemanagements ist es schwieriger, ein Virus mit Mutationen, die mit Resistenz assoziiert sind, mit eingeschränkten Therapieoptionen zu behandeln. Darüber hinaus können falsch-positive Raten unnötige Kosten für Wiederholungstests oder teurere Resistenztests verursachen und den Patienten und den Arzt verunsichern.

  1. Leitlinien für den Einsatz antiretroviraler Wirkstoffe bei Erwachsenen und Jugendlichen mit HIV, entwickelt vom Department of Health and Human Services. https://aidsinfo.nih.gov/guidelines). Accessed September 2019.
  2. European AIDS Clinical Society (EACS). EACS Guidelines Version 9.1 October 2018.
  3. National Department of Health, South Africa, April 2015, Zugriff am 2. August 2017: https://aidsfree.usaid.gov/sites/default/files/tx_south-africa_pmtct_2015.pdf.
  4. Brennan CA, Bodelle P, Coffey R, et al. HIV global surveillance: foundation for retroviral discovery and assay development. Journal of medical virology. 2006;78 Suppl 1:S24-29.
  5. Luk KC, Devare SG, Hackett JR, Jr. Partial double-stranded linear DNA probes: novel design for sensitive detection of genetically polymorphic targets. Zeitschrift für Virologische Methoden. 2007;144(1-2):1-11.
  6. Vermehren J, Colucci G, Gohl P, et al. Development of a second version of the Cobas AmpliPrep/Cobas TaqMan hepatitis C virus quantitative test with improved genotype inclusivity. Journal of Clinical Microbiology. 2011;49(9):3309-3315.

Acknowledgment: Der Autor möchte Mary Rodgers und Shihai Huang für die Durchsicht dieses Artikels danken.

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